
Selmer Alltagsspuren: Fastenzeit, ich bin bereit
Draußen scheint die Sonne, am Wochenende sollen es 20 Grad werden! Es ist Ende Februar, der große Schnee ist gerade erst geschmolzen, der Winter vorbei.
Nur wollten Weihnachtsspeck und Corona-Kilos, die ich mit ins neue Jahr gerettet habe, noch nicht verschwinden. Unwillkürlich kommt mir der Gedanke, dass meine Strandfigur noch zu wünschen übrig lässt. Ich sollte wohl Diät halten und abnehmen!
Und war nicht gerade Karneval? Und ist nach Karneval nicht immer Fastenzeit? Fasten klingt angenehmer als Abnehmen oder Diät halten. Fasten ist aktiver als lediglich Verzicht zu üben.
In der christlichen Tradition: Verzicht auf Fleisch
Okay, ich werde fasten. Wie gehe ich es an?
Karneval kommt vermutlich von carne levare, das bedeutet “Fleisch wegnehmen”. Möglicherweise kommt es auch von carne vale: “Fleisch lebe wohl”. In der christlichen Tradition wird vom Aschermittwoch bis zur Osternacht gefastet. Allerdings werden die Fastenwochen durch die Sonntage unterbrochen. Quasi eine frühe Form des Intervallfastens. Darum gehen die “Sieben Wochen der Fastenzeit” schon am Mittwoch vor dem 1. Fastensonntag los.
Offiziell soll 40 Tage lang gefastet werden, Leitmotiv ist der Verzicht auf Fleisch. Da ich aber kein Fleisch esse, kommt diese traditionelle abendländische Form des Fastens für mich nicht infrage. Andersherum: ich faste also das ganze Jahr! Weshalb weiß mein Weihnachtsspeck davon bloß nichts?
Welches Fasten passt zu mir?
Ich lese, was man heute so alles fasten kann. Ich finde: Zuckerfasten, Alkoholfasten, Zigarrettenfasten, Croissantfasten, Pizza-Pommes-Fasten, Kaffeefasten, Computerspielfasten, Handyfasten, Heilfasten, Fastenwandern. Auch Umverpackungsfasten, was wiederum eine Form des Plastikfastens ist. Und Online-Shoppingfasten, das ist aber gerade in Zeiten von Corona schwierig bis unmöglich. Merke: die Liste ist theoretisch unendlich lang.
Kann man wohl auch Montagsfasten machen? In der Art: Es ist Montag, ich gehe aber nicht hin. Der Fantasie scheint da keine Grenze gesetzt. Eine kirchliche Gemeinschaft schlägt Lügenfasten vor. Ich vermute, deren Anhänger machen in der Zeit zusätzlich Schweigefasten, um eine gute Ausrede bei unangenehmen Fragen zu haben. Ich stelle fest, dass Fasten nicht zwangsläufig etwas mit Essen, beziehungsweise nicht-Essen, zu tun hat. Es geht darum, Verzicht zu üben.
Zurück zu meinem Plan. Ich streiche:
Pizza-Pommes-Fasten – nicht zu schaffen
Fastenwandern – keine Zeit zum Wandern
Komplett-vegan-Fasten wäre eine Alternative, die mir sympathisch ist, aber auch kaum zu schaffen, siehe Pizza-Pommes-Fasten.
In der engeren Auswahl bleiben Süßkram- und Alkoholfasten. Süßkram ist zwar immer verlockend, doch schon der zweite Bissen schmeckt meist eklig süß. Und mal eine Zeit auf Bier und Wein verzichten? Das sollte funktionieren und wird mir gut tun.
Doch war ich mit Alkohol zuletzt nicht generell sparsamer? Und habe ich trotz des Weihnachtsspecks im vergangenen Jahr nicht eher abgenommen? Vielleicht mache ich ja nur ein Art Anspruchsfasten. Ich verzichte auf zu hohe Ansprüche auf mich und finde meine Figur jetzt schon strandtauglich. Irgendwo las ich mal “Wenn Du eine Strandfigur haben möchtest, habe eine Figur und gehe an den Strand”. So einfach kann es sein.
Nein, so wird das nichts. Ich muss mich entscheiden. Welche Form des Fastens passt nun zu mir?
Ein Stück für mich, ein Stück für die Rettung der Welt: Klimafasten
Juhu! Ich ein bin Klimafastender!
Ganz unerwartet kam die Rettung: Die Stadt Selm hat eine neue Klimamanagerin und mich erreicht die Botschaft, dass es ein Klimafasten gibt. Ganz offiziell von der Stadt Selm ausgerufen. Da bin ich dabei! Denn Klimaschutz ist wichtig und so habe ich das gute Gefühl, durch mein Fasten zur Rettung der Welt beizutragen. Es gibt sogar ein Blog zum Klimafasten bei der Stadt, auf dem alle Teilnehmenden über ihre Erfahrung schreiben können. Dort, und sicher auch hier, werde ich also über meine Fortschritte für mich und das Klima berichten.
Ich bin begeistert und notiere: Für die nächsten sieben Woche bin ich Klimafastender! In der erste Woche geht es um den ökologischen Fußabdruck.
Es ist ganz bestimmt noch möglich, mitzumachen. Weitere Info und den Sieben-Wochen-Plan gibt es dort.
Oliver Hübner - Autor, Blogger und Webgestalter aus Selm und Schwerin, geb. 1968 in Unna
Schreibe einen Kommentar