01 – „Kühne Welt“ – Provinzausgabe

01 – „Kühne Welt“ – Provinzausgabe

Karikatur von Guido Kühn

Seltsam, wenn einem immer und immer wieder, gelegentlich eher schmerzhaft, bewusst wird, dass mensch in einem strukturkonservativen Land lebt.

Wenn es denn wenigstens darum ginge, fundamentale Strukturen zu erhalten. Also Lebensgrundlagen, zum Beispiel.

Aber eigentlich geht es vorrangig um kleinteilige, mehr oder minder selbstbezogene Interessen.

Jenseits der Provinz, in Berlin, skizzieren Merz und Dobrindt für ihre Parteien den Untergang der Demokratie.

Es scheint unvorstellbar, dass diese beiden gänzlich voneinander unabhängigen Parteien, einen Weg finden können, die nur in einem von 16 Bundesländern kandidierende CSU über einen Anteil von 5% der bundesweit gezählten Stimmen zu bringen.

Schlimmer noch – Bayern soll mit seinen Landeslisten der Bundestagskandidierenden behandelt werden wie – alle anderen 15 Bundesländer. Entsetzlicher Gedanke. Wo soll das enden?

„Personalisiertes Verhältniswahlrecht“ heißt das Verbrechen übrigens. Dessen Ziel: durch eine Mischung aus Direktwahl und Listenwahl dafür zu sorgen, dass maximal 630 MdB im Berliner Reichstag das Wahlergebnis in der Gesamt-Republik im Verhältnis der Parteien zueinander abbilden.

Das Gekreisch wurzelt jetzt darin, dass die Aufgabe der „Grundmandatsklausel“ beschlossen wurde: es wird nicht mehr möglich sein, die 5%-Hürde zu umlaufen, indem mindestens 3 Direktmandate gewinnt.

Dieser Sonderweg einet bevorzugten Personenwahl passt nicht in ein konsequent „personalisiertes Verhältniswahlrecht“, das den Akzent auf die „Verhältniswahl“ setzt, nicht auf die Person.

Die Vielzahl der kandidierenden Parteien zersplittert die Stimmen bei den Direktmandaten: Dort hat bei der letzten Wahl kaum jemand 50% erreicht, meist liegt der „Wahlsieger“ eher knapp um die 30%.

Mit der Reform stirbt der alte Mythos, nur das „Direktmandat“ sei das einzig wahre Mandat, ein Listenmandat sei, nun, eigentlich schon fast peinlich.

Die Wahlforschung zeigt allerdings deutlich, dass ein Direktmandat weniger durch den brennenden Personeneinsatz errungen wird – auch das Direktmandat hängt an den Grundorientierungen, die sich in den Zweitstimmen niederschlagen. Die Person ist maximal ein Bonus, der bei der Parteienvielfalt heute entsprechend klein ausfällt.

Hier in der Provinz bin ich nun gespannt, ob sich eine Koalition bildet, die in der finalen Haushaltsberatung deutliche Akzente des „Nicht-Gestrigen“ bildet – und die Investitionen in Klima und Bildung fortsetzt und ausbaut. Den Wahnsinn, nur dann hier zu investieren, wenn das alles fremdfinanziert wird, hat die Rücknahme entsprechend konkreter Anträge hoffentlich nicht nur ausgebremst.

Eventuell wäre es aber an der Zeit, nüchterne neue Einnahmen für die Stadt neu zu denken- zum Beispiel mit der Aufgabenübertragung des Abwassernetzes an eine kommunale Körperschaft (verlagert zum Beispiel immense Mengen von Investitionen aus dem Stadthaushalt) oder innovative Projekte lokaler Energiegewinnung.

https://www.eglv.de/emscher-lippe/kanalnetz-faq/

Mal sehen, was die Woche bringt.

Geborener Sauerländer, kerngebildet als Theologe, beruflich nun medienarbeitend, erfahren als Bildungswerker und Ressourcenbeschaffer, suchend und fragend, unterwegs seit 1967, zwischen Christentum und Sozialismus nach Gerechtigkeit suchend

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