Selmer Alltagsspuren: Eine Woche voller Schneetage

Selmer Alltagsspuren: Eine Woche voller Schneetage

In meinem Gedächtnis gibt es ein paar ganz starke Schnee-Erinnerungen. Neben den Standards der frühen Kindheit im ländlichen Sauerland (Schnee. Viel Schnee. Lange viel Schnee. Hoher Schnee. Schlitten-Schnee, Iglu-Bau-fähige Massen von Schnee), den scheiternden Gelenkdoppelbussen während der Fahrschüler-Zeit in die Nachbarstadt, da wir tagelang morgens in “Moon Boots” durch die Schneemassen  und sehr verspätet den Berg durch den verschneiten Stadtwald zum Gymnasium hinauf stapften – erinnere ich lange Phasen von Schneematsch, ekligen Brühen, Spritzereien in hellbraun bis dunkelschwarz, wenn das Getürmte sich verflüssigte.

Hier in Selm erinnere ich mich daran, dass ich beim ersten aller Adventsmärkte rund um die Friedenskirche ein Wochenendseminar in den münsterländischen Baumbergen abbrechen musste. Am Samstagmorgen standen uns weder Wärme noch Strom mehr zur Verfügung – Leitungen waren gerissen. Es hat ohne eigenes Auto bis zum Nachmittag gedauert, vom “Marienheim”  irgendwie nach Selm zu kommen. Und dort standen sie alle gut gelaunt bei minimalem Schneefall um ein offenes Feuer auf dem Alten Kirchplatz. Sie erkannten erst nach und nach, was für Schneechaos da gerade n i c h t in Selm stattfand.

Ein Wintersportler war ich nie – und kann mich gut erinnern, wie ich in der einen Woche, die ich mit Tochter und Hund in den Alpen verbracht habe, damit sie Skifahren lernt, einmal den Fehler beging, nicht den großen Schlitten den Berg hinunter genutzt zu haben. Um schnell wieder auf die Ski zu kommen, hätte ich Muskeln benutzen können müssen, deren bloße Existenz mir bis dahin unbekannt war. So lag ich eine Weile eher bedröppelt auf meinem Rücken. Naja, Schnee drüber. 

Über Jahre hinweg – aber nie wieder so massiv wie die Kindheitserinnerung als Sauerländer es gerne hätte – habe ich Schnee geschaufelt, der auf unserem Gehweg lag, das Eis zerstoßen, das sich darunter befand. Und immer stolz darauf hingewiesen, dass ich meinen Führerschein als Autofahrer im Dezember 1986 gemacht habe, bei 60 Zentimeter frischem Schnee, am Berg und in den Einbahnstraßen von Menden – Anfahren am Berg ja, rückwärts Einparken nein, da war schlicht kein Parkraum. Da lag der Schnee, der nicht mehr auf der Fahrbahn lag.

Früher war nicht nur mehr Lametta, früher war auch mehr Schnee …


 

So richtig beliebt ist der Schnee, wenn er denn fällt, dann doch nicht. Falscher Zeitpunkt, falsche Sorte, ist zum Arbeitsbeginn immer noch da.

Ganz konsequent wird also seit dem frühen letzten Sonntag der Kampf gegen den Schnee geführt. Die ersten Bilder der tapferen Selmer Stadtwerker tauchen etwa gegen 05.00 Uhr am Morgen in den Social Media Kanälen auf. Die Maschinen rollen, große und kleine, und schieben gegen den Schneefall an. Es wird ein Marathon-Rundlauf.


Begleitet wird die Arbeit natürlich mehr oder wenig sachkundig – die einen freuen sich (zu Recht), dass nicht gestreut wird (weil das bei den aktuellen Temperaturen im Effekt zu Eisbildung und Glätte auf der Fahrbahn führt). Die anderen erwarten zwingend, dass man den eigenen Wagen unbehindert auf erkennbarer Teer-Strecke in gewohntem Tempo bewegen kann. Und das sind nicht nur die, die überrascht feststellen, dass “Winterreifen” tatsächlich nicht nur ein Mythos aus alten Zeiten sind. Andere bewegen ihr Fahrzeug leicht vorsichtiger als sonst über den gut befahrbaren Schnee – denn es bleibt kalt. Es matscht nicht.

Die Bahn allerdings … resigniert.

Die Busse der VKU sind da tapferer und wagen sich ab Mittwoch wieder aus dem Depot.

Auch die Stadtwerker fahren los und holen den Müll der vergangenen Tage – nur der Papiermüll wird verschoben in die nachfolgende Woche. 

Bei all dem weißen Alltag fällt der vollständig entfallende Karneval kaum auf – was für ein Desaster wäre es gewesen, am Samstag unter diesen Bedingungen einen Umzug zu versuchen …

Aber … die Woche voller Schnee hatte ja auch ungemein schöne Momente.

 


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Welche Wünsche da offen bleiben?

Ein wenig mehr Gelassenheit, etwas mehr Respekt vor der Arbeit der Stadtwerke, etwas mehr Sachkenntnis in den Reihen der professionellen FB-Sachverständigen im Themenfeld “Schnee – was es ist und wie man mit ihm umgeht”.

Und natürlich mehr von der Stimmung, die sich am dann doch nicht zu Recht verspotteten “Rodelhügel” zeigt. Lebensfreude und Glück. In der Provinz. aber dafür: in meiner unmittelbaren Nachbarschaft.

Geborener Sauerländer, kerngebildet als Theologe, beruflich nun medienarbeitend, erfahren als Bildungswerker und Ressourcenbeschaffer, suchend und fragend, unterwegs seit 1967, zwischen Christentum und Sozialismus nach Gerechtigkeit suchend

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