D-Ticket für Schüler:innen – Selm am Zug, Abfahrt noch im August

D-Ticket für Schüler:innen – Selm am Zug, Abfahrt noch im August

Nach nicht ganz knapp zwei Jahren “Schülerticket Westfalen” im ganzen Kreis Unna steht die nächste Veränderung an. Angedockt an die Einführung des D-Tickets zum Juni 2023 für den ÖPNV in ganz Deutschland hat der Kreis Unna bereits die Entscheidung getroffen:

Für die etwa 10.000 Schüler:innen seiner Berufskollegs und Förderschulen in seiner Trägerschaft führt er eine 29-Euro-Variante für alle ihre Schüler:innen zum 01. Oktober 2023 ein.

Mit der Vorlage der Kreisverwaltung hatte Landrat Mario Löhr angekündigt, eine kreisweit einheitliche Lösung anzustreben – sodass also alle Schüler:innen in allen 10 Kreiskommunen hiervon profitieren können (beziehungsweise ihre Familien).

Höchstens 29 Euro werden für das deutschlandweit gültige Ticket fällig.
Dieser Preis gilt für Schülerinnen und Schüler, die keinen Anspruch auf Erstattung der Fahrtkosten durch den Schulträger haben.
Für Anspruchsberechtigte bleibt preislich alles beim Alten: Sie zahlen abgestuft zwölf oder sechs Euro, in manchen Fällen auch gar nichts.
Nutzungseinschränkungen gegenüber dem „normalen“ Deutschlandticket wird es nicht geben.

Eckdaten zum Deutschlandticket Kreis Unna für Schüler:innen

Die Gespräche mit den Kommunen sind inzwischen nach Auskunft des Kreises abgeschlossen – die Idee also kreisweit bekannt, die Kommunen müssen nun ihre Entscheidung möglichst zeitnah treffen.

Darüber muss sich in den Kommunen nun wohl noch Entschlussfreude einstellen:

Ende Juli lehnte etwa die Verwaltung in Lünen eine beschleunigte Befassung mit dem Thema – das ansonsten bereits seit Mai bearbeitet werde – vor der Ratssitzung im September noch ab, auch wenn das dann für einen Start zum 01. Oktober 2023 vermutlich sportlich knapp wäre.

  • Für den 17. August ist eine gemeinsame Sondersitzung der Ausschüsse “Umwelt, Klima und Mobilität” und “Stadtentwicklung und -planung” sowie “Sicherheit und Ordnung” angesetzt worden. Die Tagesordnung befasst sich witzigerweise mit dem Mobilitätskonzept der Stadt, dass in dieser Sitzung vorgestellt werden soll. Allerdings ist in dieser im Mai 2023 erstellten Vorlage keinerlei Spur des “D-Tickets für Schüler:innen” zu finden, auch nicht in der sonstigen Tagesordnung.

Stadt Selm hat Vorlage für die Gremien erarbeitet

Bei der Stadtverwaltung Selm haben wir Ende Juli auf entsprechende Anfrage hin die Information erhalten, dass die Verwaltung für den zuständigen Ausschuss eine Vorlage erarbeite und diese dann im August in die politische Beratung gehen werde. Damit wäre dann die Sitzung des Haupt-, Finanz- und Digitalausschusses am 17. August 2023 ab 17.00 Uhr der entscheidende Termin.

Denn: Seit dem 03. August 2023 steht diese Vorlage öffentlich zur Verfügung.

Der Beschlussvorschlag der Verwaltung lautet:

Eilentscheidung gemäß § 60 Absatz 1 Satz 1 GO NRW

Die Verwaltung wird beauftragt, das Deutschlandticket r das Schuljahr 2023/2024 an Schulen in Trägerschaft der Stadt Selm zum nächstmöglichen Zeitpunkt einzuführen und einen Vertrag nach dem Landesmodell mit dem entsprechenden Verkehrsunternehmen abzuschließen.

Eine nachhaltige Finanzierung ist derzeit nicht sichergestellt. Sollte künftig eine über das bisherige Maß hinausgehende Finanzierung erforderlich sein, ist rechtzeitig vor Beginn des Schuljahres 2024/2025 neu zu entscheiden.

https://ogy.de/449p

Die Stadt hat für die Begründung dieses Beschlussvorschlags nochmals die aktuellen Kosten für das gerade abgelaufene Schuljahr berücksichtigt und spezifiziert – die durch die VKU zum 01.08.2023 als “Basisbeitrag der Stadt” auf 260.293,16 Euro für 416 berechtigte Schüler:innen berechnet werden. Das entspricht einer Jahressumme von 625,70 € je Ticket, demzufolge monatlich einen Betrag von 52,14 €.

Anders als in unserem vorangegangenen Beitrag mit den Zahlen aus dem Vorjahr 2021/22 muss die Stadt also nicht draufzahlen, sondern kann mit der aktuellen Beitragshöhe das Projekt finanzieren.

Erste politische Perspektiven

Parallel zur Anfrage an die Stadtverwaltung haben wir auch die Fraktionen im Rat der Stadt angeschrieben und um die kurze Beantwortung weniger Fragen gebeten.

Rückmeldungen erhielten wir bislang von der UWG, der SPD, der FAMILIE und der GRÜNE/Bündnis90.

  • UWG:
    • Hier wurde – ähnlich wie im Kreis Unna – eine Verwaltungsvorlage für einen Dringlichkeitsbeschluss und einen Gültigkeitsbeginn zum 01. Oktober erwartet.
    • Ein kreisweit gemeinsames Vorgehen erfülle endlich die “Vorbildfunktion” des Kreises.
    • Als “gute Gründe” für die Einführung des D-Tickets für Schüler:innen wurden genannt die Stärkung des ÖPNV generell und die “Bindung der jungen Menschen an den ÖPNV”. Im ersten Jahr sei die Einführung kostenneutral, ob die Beteiligung von Land und Bund erhalten bleibt, wird deutlich skeptisch gesehen.
    • Grundsätzlich sehe man gute Gründe für eine Zustimmung. Deutlichen Verbesserungsbedarf sieht die Fraktion dennoch: Eine kostenfreie Fahrkarte für alle anspruchsberechtigten Schüler:innen und Auszubildende / Studierende soll mittelfristig erreicht werden. In Hamm gebe es bereits ein kostenloses, von den Stadtwerken Hamm gesponsortes Ticket für alle Schüler:innen.
  • SPD:
    • Die Fraktion wird sich nach Erhalt der Vorlage mit der Thematik in einer Fraktionssitzung befassen und eine entsprechende Beschlussfassung vorbereiten.
  • FAMILIE:
    • Auch diese Fraktion erwartete eine Vorlage der Verwaltung und konnte “definitiv eine positive Entwicklung erkennen”. Allerdings sei der Diskussionsprozess in der Fraktion noch nicht abgeschlossen und keine Entscheidung getroffen.
    • “Gute Gründe” für das D-Ticket wurden dennoch benannt:
      • Erweiterte und vereinfachte Mobilität: Mit einem D-Ticket haben Selmer Schüler die Möglichkeit, das gesamte öffentliche Verkehrsnetz in Deutschland zu nutzen. Dies ermöglicht ihnen nicht nur den Zugang zur Schule, sondern auch die Möglichkeit, außerhalb ihres unmittelbaren Wohnortes zu reisen, sei es für Freizeitaktivitäten, kulturelle Veranstaltungen, Besuche bei Freunden und Familie oder Bildungsausflüge.
      • Kostenersparnis für Familien: Für Selmer Familien mit mehreren Schulkindern oder für Familien, denen durch die Kosten der Schulbeförderung eine finanzielle Belastung entsteht, könnte das D-Ticket eine Ersparnis bedeuten. Es könnten die Gesamtkosten für den öffentlichen Verkehr reduziert werden.
      • Förderung des öffentlichen Verkehrs: Die Einführung eines D-Tickets könnte dazu beitragen, den öffentlichen Personen- und Nahverkehr attraktiver zu machen und junge Menschen dazu ermutigen, öffentliche Verkehrsmittel anstelle von privaten Autos zu nutzen. Das kann in Folge dazu führen, dass der Verkehr in Selm reduziert und die Umweltverschmutzung verringert wird.
      • Chancengleichheit: Das D-Ticket ermöglicht für Schüler einen gleichen Zugang zu Mobilität, unabhängig vom sozioökonomischen Status. Das kann helfen, Ungleichheiten zu verringern und gewährleisten, dass alle Selmer Schüler die gleichen Möglichkeiten haben, zur Schule zu kommen und außerschulische Aktivitäten zu nutzen.
      • Vereinfachung der Verwaltung: Mit dem einheitlichen D-Ticket kann durchaus eine Vereinfachung hinsichtlich der Verwaltung von Fahrscheinen oder möglicher Fahrscheinerstattung entstehen. Anstatt viele Tickets oder Tarife zu managen, gäbe es lediglich ein einzelnes Ticket, was von den Verkehrsunternehmen und von den Schulen bearbeitet bzw. verwaltet werden müsste.
    • Gegen das Ticket könne die unklare Finanzierung sprechen – zum Zeitpunkt der Beantwortung der Frage ging die Fraktion von Mehrkosten zwischen 7000 und 8000 Euro je Schuljahr aus. Zudem müssten die entsprechenden Vereinbarungen mit der VKU neu getroffen werden, die jeweils durch den Stadtrat zu billigen wären. Allerdings sehe die Fraktion hierhin weder einen “negativen Aspekt noch eine Hindernis”.
  • GRÜNE/BÜNDNIS90:
    • Die Fraktion wird sich mit der erwarteten Vorlage für den Ausschuss am 17.08.2023 befassen.

Wir bleiben am Thema dran.


Geborener Sauerländer, kerngebildet als Theologe, beruflich nun medienarbeitend, erfahren als Bildungswerker und Ressourcenbeschaffer, suchend und fragend, unterwegs seit 1967, zwischen Christentum und Sozialismus nach Gerechtigkeit suchend

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